Manche Chancen bleiben ungenutzt, weil sich Mythen und Halbwahrheiten hartnäckig halten. So auch beim BAföG: Eine im Jahr 2025 veröffentlichte Studie des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT) zeigt, dass bis zu 70 % der Anspruchsberechtigten auf die finanzielle Unterstützung verzichten. Die Gründe reichen von Unsicherheit bis zu Fehlinformationen und führen dazu, dass jedes Jahr viele Studierende ihre Förderungschancen nicht nutzen.
Wir entlarven die häufigsten BAföG-Mythen und zeigen, was wirklich dahinter steckt.
Mythos 1: „Der BAföG-Rechner sagt, es gibt kein Geld."
Der offizielle BAföG-Rechner ist eine gute erste Orientierung. Allerdings werden viele individuelle Besonderheiten, die bei der Berechnung des BAföGs ins Gewicht fallen, nicht mit abgefragt. Das führt manchmal zu einem verfälschten Ergebnis. Es hängt stark davon ab, ob im Rechner die richtigen bzw. zutreffenden Zahlen eingegeben werden. Da hierfür oft spezielles Wissen nötig ist, etwa zu verschiedenen Einkommensarten, möglichen Abzugsbeträgen oder der Art der Ausbildung von Geschwistern, kann es leicht zu Abweichungen kommen. Die Eingabe der Daten ist nicht immer selbsterklärend, sodass schnell ein ungenaues Ergebnis entstehen kann.
Mythos 2: „Eltern mit hohem Einkommen schließen BAföG aus.“
Viele Studierende haben trotz gutverdienender Eltern Anspruch auf BAföG, denn die Freibeträge wurden zuletzt immer wieder erhöht. Auch Geschwister in Ausbildung zählen mit rein und senken den angerechneten Betrag. Und: Bei Kontaktabbruch oder fehlender Unterstützung kann elternunabhängiges BAföG möglich sein.
Das folgende Beispiel zeigt, wie sich Einkommen und Geschwisterkonstellationen auf die Förderung auswirken können:
Bei einem gemeinsamen Einkommen der Eltern von 80.000 € aus Lohnarbeit ergibt sich für Studierende mit eigener Wohnung und eigener Krankenversicherungspflicht ein Förderbetrag von 520 €, sofern ein weiteres Geschwisterkind studiert. Befindet sich stattdessen ein Geschwisterkind in schulischer Ausbildung, liegt die Förderung bei 488 €. Erst wenn keine weiteren Geschwister berücksichtigt werden können, muss das Einkommen der Eltern deutlich über 80.000 € liegen, damit der Antrag in dieser Konstellation aufgrund der Höhe abgelehnt wird. Im individuellen Fall kann das Ergebnis aus verschiedenen Gründen abweichen. Konkrete Zahlen helfen jedoch, die Förderungsmöglichkeiten besser einzuordnen.
Mythos 3: „Ein später Studienstart bedeutet keinen Anspruch mehr.“
Stimmt so nicht, denn die Altersgrenze für den Bezug von BAföG wurde deutlich angehoben und liegt nun bei 45 Jahren.
Mythos 4: „Eigenes Vermögen verhindert die Förderung.“
Vermögen bis zu 15.000 € (unter 30 Jahren) bzw. 45.000 € (ab 30 Jahren) wird nicht angerechnet. Beträge darüber werden anteilig berücksichtigt, führen aber nicht zwangsläufig zum Ausschluss.
Mythos 5: „BAföG bedeutet hohe Schulden.“
Mindestens die Hälfte des BAföG ist geschenkt. Die Rückzahlung ist auf maximal 10.010 € begrenzt, selbst wenn die gesamte Förderung deutlich höher ausfällt. Der Rückzahlungsbetrag kann aber auch noch weniger werden, wenn die Darlehenssumme ganz oder teilweise vorzeitig zurückgezahlt wird. Die Rückzahlung startet in der Regel fünf Jahre nach Ende der Förderungshöchstdauer und das in kleinen Raten à 130 €. Bei geringem Einkommen können Zahlungen gestundet oder reduziert werden.
Mythos 6: „BAföG und Jobben, das passt nicht zusammen.“
Dieser Mythos hält sich hartnäckig, ist aber oft falsch. Ein Nebenjob schließt BAföG nicht automatisch aus und umgekehrt auch nicht. Selbst bei vergleichsweise hohem Einkommen kann oft noch ein Förderbetrag übrig bleiben.
Der anrechnungsfreie Verdienst liegt aktuell bei 556 € brutto pro Monat, das entspricht 6.680 € im Jahr, unabhängig davon, ob regelmäßig gearbeitet wird oder nur in den Semesterferien. Entscheidend ist die Gesamtsumme im Bewilligungszeitraum (meist 12 Monate), nicht der einzelne Monatsverdienst. Auch mit einem Werkstudierenden-Job ist daher eine Teilförderung möglich. Zum Beispiel verbleiben selbst bei einem durchschnittlichen Nebenverdienst von monatlich 750 € für Studierende mit eigener Wohnung und studentischer Krankenversicherungspflicht noch 182 € BAföG-Anspruch.
Bei Pflichtpraktika wird die Vergütung jedoch vollständig angerechnet. Freiwillige Praktika werden wie ein Nebenjob behandelt. Solange die Jahresgrenze nicht überschritten wird, bleibt das Einkommen anrechnungsfrei.
Ein BAföG-Antrag kann sich daher auch bei Nebeneinkünften lohnen. Die Förderung beginnt bereits ab 10 € monatlich. Wichtig ist, das Amt für Ausbildungsförderung rechtzeitig über Jobaufnahme, Jobwechsel oder ein Praktikum zu informieren, selbst wenn das Einkommen unterhalb der Freibetragsgrenze liegt.
Wer unsicher ist, ob ein Anspruch besteht oder wie sich die persönliche Situation auswirkt, sollte sich direkt an das zuständige Amt für Ausbildungsförderung wenden. Dort gibt es verlässliche Informationen und individuelle Unterstützung. Die Beratung im Amt ist kostenlos. Externe, kostenpflichtige Dienstleister für die BAföG-Antragstellung müssen nicht in Anspruch genommen werden.
Tipp zur Antragstellung:
Der BAföG-Antrag lässt sich sowohl digital als auch analog stellen. Empfohlen wird der Weg über BAföG Digital. Fehlende Unterlagen können auch später unkompliziert und sicher online nachgereicht werden. Es lohnt sich hinter die Mythen zu schauen, denn selbst wer auf den ersten Blick nicht anspruchsberechtigt erscheint, kann im Detail doch förderfähig sein. Die Chancen stehen oft besser als gedacht.
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